El Salvador, Izalco... y mas - 16.03.2004 (18)
Hi Ihr Lieben!
ich weiss... Ihr habt schon ziemlich lange nix mehr
von mir gehoert... somit zumindest mal ein kleiner
Ueberblick ueber das, was mich seit meiner letzten
Mail bewegt - und mal wieder gebremst - hat:
Von meinem Besuch in der Hauptstadt von Honduras -
Tegucigalpa - mit seiner geballten "Achtung -
gefaehrlich"-Stimmung und dem Christo hatte ich Euch
in der letzten Mail berichtet.
Danach war ich gen El Salvador weitergereist, um dort
den Geburtstag von Bea, einer Spanierin am Strand
mitzufeiern. Ich hatte sie und zwei weitere Spanier
kurz nach meinem Stachelrochen-Stich letztes Jahr
Weihnachten in San Juan del Sur kennen gelernt... und
hatte dann mit eben diesen beiden Spaniern auf meiner
Lieblingsinsel Ometepe die Besteigung des Vulkans
Concepcion genossen... und dann mit den dreien ins
Neujahr gefeiert... Grund genug, Reiseplaene
abzuaendern und einen kleinen Abstecher nach El
Salvador zu machen... Aber das wisst Ihr vielleicht
auch noch von meinen letzten Berichten...
Von jener Strandfeier und dem anschliessenden Centro
de Salud-Besuch hatte ich Euch auch ausfuehrlich in
meiner 16.Mail berichtet... Und dann hatte ich mich
ca. 10 Tage in San Salvador ueberwiegend waagerecht
aufgehalten... oder in einer Haengematte... wenn ich
nicht gerade mal wieder humpelnd oder per Taxi zum
Gesundheitszentrum unterwegs war... oder dort mal
wieder wartete.... oder auf dem Rueckweg im
Moskito-Paradies "Videoverleih mit Internet"
festhing... bis ich mich dann doch mal gen Innenstadt wagte.
ARENA-Fans und "La Chulona"
Mein Fuss schien nach einiger Zeit immerhin doch so
langsam abzuschwellen, aber die Schwellung kam immer wieder...
War mir alles sehr dubios,
aber nachdem die oralen Antibiotika nicht so richtig
anschlugen, hatte ich mich ja auf Penecellin-Spritzen
eingelassen... und danach "brav" die restlichen
Antibiotika aufgegessen... und jede Menge Ibuprofen
und spaeter Diclofenac geschluckt... Fuehlte mich
irgendwann wie eine Chemiebombe...
Nachdem meine Ungeduld sich mal wieder mit allgemeiner
Verunsicherung paarte - schon widerlich, die Zeichen
des eigenen Koerper so gar nicht zu verstehen - suchte
ich einen weiteren, mir waermstens empfohlenen
Arzt in San Salvador auf. Dieser empfahl mir
noch mehr Chemie - und da ich dies zunaechst ablehnte -
eine Pflanzen-Salbenmischung aus Aloe Vera
und Chichipince (eine in El Salvador heimische
Heilpflanze). Prinzip Hoffnung.
Zwischenzeitig genoss ich drei Tage mit Luis, einem
Salvadoreno, den ich kurz vor meinem letzten Flug von
Panama nach Managua/Nicaragua kennen gelernt
hatte. Eigentlich lebt er auf der Insel
Marguarita in Venezuela. Zu unserem Glueck war er aber
aus diversen Gruenden vorübergehend in sein Land zurück gekehrt und
hatte mir in seinen Mails mehrfach angeboten, mir El Salvador
zu zeigen... Unser Treffen hatte sich zunaechst
etwas schwierig gestaltet, da die Adresse meines
Unterschlupfs bei einem der Spanier wohl schwierig zu
finden ist... Somit versetzte er mich zweimal
erfolgreich - einmal telefonisch einmal persoenlich -
und meine Enttäuschung war bereits von einer gewissen
Genervtheit in ein "dann eben nicht" umgeschlagen.
Aber beim dritten Anlauf schafften wir
es ueberraschend doch noch. Ich entschloss mich
spontan, mich von ihm gen Izalco in das Haus seiner
Mutter entfuehren zu lassen, wo er einen Grossteil
seiner Zeit "hier" verbringt...
Izalco - Stadt und Vulkan
Izalco ist eine relativ wohlhabende Kleinstadt, in der
es keine einzige offizielle nachts offene Kneipe
gibt... Somit ist nachts dort ABSOLUTE STILLE...
beeindruckend... In Izalco soll es die besten
Yuca-Gerichte (Suesskartoffeln) geben... und die von
uns an einem Strassenstand getesteten gekochten bzw.
fritierten Exemplare waren wirklich lecker. Seine
Mutter war mit meinem letztendlich doch recht spontan
beschlossenen Besuch etwas ueberrumpelt... Es war ihr
besonders unangenehm, nicht aufgeraeumt zu haben...
aber immerhin wusste sie bereits von meiner Existenz
und offensichtlich war das dann doch alles ganz in
Ordnung fuer sie. Morgens schlenderten wir dann noch
kurz ueber den Markt und ich genoss wieder den Blick
auf den Traum-Vulkan Izalco... dem wir uns dann auch
am naechsten Tag naeherten. Haette ihn sehr sehr gerne
erklommen... zumal der Aufstieg recht einfach sein
soll... aber das war mit meinem Fuss nun wirklich
Illusion... next time... :-)
Izalco - Stadt und Vulkan
Am Abend dieses Tages uebernachteten wir bei einem
Cousin von ihm in Santa Tecla, einer angenehmen Stadt
in der Naehe von San Salvador. Die Fahrt durch das
Land war beeindruckend und schoen... viele Berge,
wunderschoene Seeblicke, mehr oder weniger malerische
Ortschaften... - und alles in blau-weiss-rot bzw. in
rot... !!!
WISSENSWERTES ZU EL SALVADOR
El Salvador - ein kleines aber politisch in der
Vergangenheit auch sehr bewegtes Land: Von 1979/80 bis
1992 waren hier viele von den USA finanzierte
Todesschwadronen im Einsatz... und die Frente
Farabundo Marti para la Liberacion de la Nacion (FMLN)
kaempfte - aehnlich wie die sandinistische FSLN in
Nicaragua - fuer eine Revolution und Veraenderung im
Land... Nach 12 Jahren blutigem Kampf unterzeichnete
die seit 1989 regierende Partei ARENA mit der
Revolutionspartei FMLN einen Friedensvertrag... Dieser
wird allerdings jedes Jahr nur von den Anhaengern der
FMLN gefeiert...
FMLN-Veranstaltung
An der diesjährigen Feier mit viel Musik und Reden hätte ich gerne
teilgenommen. Entschied mich aber doch für Fuss-Schonung. ... :-(
Noch heute regiert in El Salvador mit Francisco Flores
ein Vetreter der unternehmer-orientierten
ARENA-Partei....
Die Bevoelkerungsdichte ist beeindruckend: El Salvador
ist mit rund 20.000 Km2 knapp ein Sechstel so gross
wie Honduras, hat aber fast ebensoviele Einwohner wie
dieses Land...
Da kann Nicaragua, das mit rund 124.000 Km2 groesste
Land Zentralamerikas, mit seinen ca. 5,4 Mio.
EinwohnerInnen (noch) nicht mithalten... Wie ich Euch
wohl schon mal geschrieben hatte, sind allerdings von
diesen ueber 5 Mio. mindestens 2 Mio. Menschen unter
15 Jahre alt... und Familien mit 10-15 Kindern sind
keine Seltenheit... die Groessenverhaeltnisse koennen
sich hier also auch rasch wieder verschieben...
Das kleine El Salvador verfuegt ueber mindestens 7
Vulkane (hab da bisher unterschiedliche Antworten),
weitere schoene Berge (Cerros), Seen, Huegel, jede
Menge ausgewiesene Naturschutzgebiete und trotz viel
Bevoelkerung relativ viel gruen.. Laut meinem Guia
wurden allerdings hier in der Vergangenheit so viele
Waelder abgeholzt, dass grad noch 6% des
urspruenglichen Baumbestands uebrig ist... mit den
entsprechenden Problemen fuer die Boeden.
Rund eine halbe Million Menschen lebt in der
Hauptstadt San Salvador. Die Stadt ist voll von Smog,
Autos und Menschen... und inklusive Randgebiete wohnt
hier jede/r dritte Salvadorena/o... ca. 2 Millionen
Menschen!!! Dies ist wenig entspannend... und
angeblich wohnt im Zentrum selbst auch fast niemand,
da der Smog kaum zu ertragen ist... Das soll eine neue
Stadtpolitik nun aendern...
DIE WAHLEN
Naechsten Sonntag (21. Maerz) geht es in El Salvador
um viel: Entweder die Unternehmer-Partei Alianza
Republicana Nacionalista "ARENA" mit seinem "Mister
Smart" Elias Antonio Saca alias "Tony Saca" gewinnt -
oder Schafik Handal von der linken Revolutionspartei
loest ARENA nach 15 Jahren Ausbeutung des Landes ab...
Und mindestens seit Anfang des Jahres ist alles im
Land blau-weiss-rot (ARENA-Farben)... oder eben nur
rot (FMLN)... Die weiteren existierenden Parteien sind
im Wahlkampf inzwischen relativ unsichtbar - das
Mitte-Links-Buendnis aus CDU und PDC erhaelt nach
derzeitigen Umfragen grad mal 4,66 %, die rechte PCN
nur 1,76%... Wer das nicht mit eigenen Augen sieht,
wird Schwierigkeiten haben, sich das vorzustellen,
aber ganze Strassenzuege und Viertel in San Salvador
sind wie in einen blau-weiss-roten Farbtopf gefallen:
Baeume, Strassenmasten, Gehsteigraender,
Strassenabschnitte, Hauswaende... alles angemalt...
ARENA hat einfach jede Menge Geld in ihrem
Propagandaetat (und sicher auch einige sponsornde
Farbfabrikanten in seinen Reihen): Somit heuern sie
jede Menge Jugendliche an, die nachts in Trupps mit
Waegelchen durch die Strassen ziehen und alles
anpinseln... woraufhin natuerlich ihren FMLN-Gegnern
nichts anderes uebrig bleibt als "nachzuziehen" und
dann zumindest alles Blaue mit Rot zu ueberpinseln und
in die weisse Flaeche FLMN oder Schafik zu
schreiben... Dieses Geld koennte sicher wesentlich
sinnvoller angelegt werden, aber angeblich hat Tony
Saca denselben Wahlberater wie George W. Bush... und
ist somit mit Spruechen, Plakaten, Faehnchen, Flyern,
T-Shirts, Autoaufklebern,... und sogar
Flugzeug-Werbung hervorragend ausgestattet... und
somit ueberall noch praesenter als alle anderen...
Tony Saca lässt sich feiern
ARENA-Fans in blau-weiß-rot
"Con mi trabajo y el tuyo... lo mejor esta por venir"
war DER Tony Saca-Spruch, als ich dort war: Mit meiner
Arbeit - und Deiner - steht uns das Beste bevor...
wobei ich mich da frage: Warum jetzt erst.... diese
Partei hatte nun 15 Jahre Zeit, fuer das Volk zu
agieren, hat diese Zeit aber ueberwiegend fuer sehr
USA-angelehnte unternehmerfreundliche Politik
zugunsten der eigenen Konten und Auftraege genutzt. Im
Land gibt es inzwischen ueber 10 speziell ausgewiesene
Freihandelszonen, in denen ueberwiegend auslaendische
Firmen in Fabriken investiert haben, in denen relativ
abgabenfrei rund um die Uhr Waren ueberwiegend fuer
den Export produziert werden... Und in diesen
sogenannten "Maquilas" sind Arbeitnehmer-Rechte auch
mehr als eingeschraenkt... ein Arbeitgeber-Paradies,
das von der in einigen Gegenden besonders
ausgepraegten Arbeitslosigkeit profitiert.
Maquilas gibt es aber nicht nur im noch relativ
reichen El Salvador sondern in ganz Zentralamerika...
mit den zunehmenden internationalen Handelsvertraegen
"Tendenz steigend"... Klar... besser sich ausbeuten
lassen als verhungern...
Mit "El cambio es hoy" (Der Wechsel ist heute) haelt
die FMLN dagegen... aber genau vor diesem Wechsel
schuert ARENA mit reichlich absurden Aussagen Angst.
Sie verbreiten, die FMLN werde nach einem Wahlsieg
alles vereinheitlichen, enteignen, "cubanische
Verhaeltnisse" schaffen... Zwischenzeitig sah es aus
wie ein Kopf-an-Kopf-Rennen, aber nach letzten
Aussagen hier liegt ARENA wieder vorne... mal
schaun... werde berichten...
UND SEITDEM...
Auch wenn ich nicht allzu viel in El Salvador gereist
bin, werde ich Euch gerne im naechsten Mail noch von
Suchitoto und meinen Ruinen-Besichtigungen
berichten... und von meiner Weiterreise nach Copan /
Honduras... Jetzt nur mal die Kurzfassung, damit
diejenigen, die seit meiner letzten Mail nix mehr von
mir gehoert haben, eine grobe Idee haben:
In Copan hing ich wiederum 12 Tage fest... mein Fuss
wollte einfach nicht besser werden... Sogar
Maya-Medizin wollte einfach nicht helfen... In Copan
traute ich mich endlich, bei meinen Traum-Vertretungen
bei Euch "vor Ort" um Verlaengerung anzufragen.... So
angematscht wollte ich nicht wieder zu Euch
zurueckkommen... Und meiner vorsichtigen
Verlaengerungsbitte wurde tatsaechlich liebevoll
entsprochen... ein Hoch auf Ulrike und meine Eltern!!!
SOMIT BIN ICH NICHT HEUTE WIEDER IN DEUTSCHLAND -
SONDERN ERST MITTE JUNI... !!!! :-)
freufreu
Von Copan reiste ich zu einem weniger geschwollenen
Zeitpunkt weiter gen Tela, einem recht schoenen
ruhigen Staedtchen mit Karibikstrand... Nach zwei
Tagen zog ich weiter gen La Ceiba und dann per Faehre
nach Utila, der preisguenstigsten der drei
Bahia-Inseln - ein Tauchparadies!!!
Dr. John, der US-amerikanische Arzt in Utila riet mir
dringend davon ab, mit meinem immer noch leicht
geschwollenen Fuss zu tauchen.... und schickte mich
zurueck nach La Ceiba, um dort mit Orthopaeden und
Roentgenstrahlen rauszufinden, ob nicht doch noch eine
Faser von diesem Stachelrochen meinen Fuss zu solch
seltsamem Verhalten provoziert.... Und so fand ich - 5
Wochen "danach" - raus, dass ich mir am 10. Januar,
als ich freudig bei der Strandfete ins Pazifik-Wasser
(El Salvador) rannte, den Fuss gebrochen hatte!!! Und
zwar so richtig huebsch.... ein Spiralbruch, der mir
laut Aussagen aller Aerzte vor Ort fuer 6 Wochen einen
huebschen Gips beschert haette!!! Und so hatte ich
mehrfach mein in beide Rucksaecke verteilte insgesamt
ca. 20 Kilo-Gepaeck geschultert und sicher einige Male
Kilometer bewegt... Glueck gehabt - der Heilprozess
ist wohl dennoch bisher recht erfolgreich...
Von meinen recht bewegten und teilweise wunderschoenen
Tauchgaengen in Utila berichte ich in Kuerze - sogar
mit Photos! :-)
Nach rund zwei Wochen zog ich weiter... Die winzigen
"Sandflies", die hier "Jejenes" heissen und die
Moskitos (Zancudos) hatte ich ganz gut ueberlebt...
dachte ich... hatte ganz andere Beine und Knoechel
gesehen.. nur vier Stiche sahen noch etwas unangenehm
aus... Und genau diese vier packte ich dann
dummerweise in meine Wanderschuhe und stapfte zur
Faehre und von dort aus weiter bis zu einem
wunderschoenen Garifuna-Ort namens Triunfo de la
Cruz...
Wochenende in Triunfo
Hatte leider nochmal eine dicke Runde "Pech": die
Stiche infizierten sich mit einem wasserliebenden
ekelhaften Estafilakokko-Bakterie, der sich in meinen
Stichwunden so hervorragend festsetzte, dass ich schon
wieder Antibiotika und Chemiebomben (ein)werfen
musste... Daher nochmals (zum dritten und hoffentlich
letzten Mal sei 25. Dezember) 2 Wochen "Lektionen in
Geduld"...
Gracias a mi enfermero Dani!
Allerdings diesmal mit Blick auf einen
Traumstrand, mit unglaublich netten, herzlichen,
hilfsbereiten Menschen (ueberwiegend schwarzhaeutige
Garifuna) um mich rum - und mit faszinierenden
Karibikwellen vor meiner Zimmertuer... die mein
Koerper allerdings zumindest bei diesem Besuch leider
nie spueren wird... Wasser und Sand sind leider Gift
fuer meine eine immer noch widerspenstige Wunde...
aber auch sie hat bald verloren... und ich werde die
Tage endlich gen Guatemala weiterziehen! Freu mich
schon sehr drauf!
Soweit die Kurzfassung bis heute... und jetzt hab ich
den letzten Bus gen Triunfo verpasst und muss mir ein
Taxi suchen... sowas aber auch... aber Ihr habt
immerhin mal wieder Nachrichten von mir...
Euch eine ganz dicke sonnige Umarmung!
Eure Babette - bis gestern mit Garifuna-Zoepfchen :-)